Von der Medizin zum Bier
Lange Zeit brauchte man Hopfen nur als Gewürz oder für Heilzwecke – als Beruhigungs-oder Abführmittel. Es war ganz normal, Bier mit anderen Pflanzen zu brauen: Lorbeer, Salbei, Lavendel oder heute kaum mehr bekannten Kräutern wie Gagelkraut oder Laserkraut. Im Mittelalter verbreitete sich allmählich die Gewohnheit, dem Biersud Hopfen
beizumischen. Das Bayerische Reinheitsgebot bestimmte dann 1516, daß Bier nur mehr mit Wasser, Gerste und Hopfen gebraut werden dürfe.
Großräumigen Handel mit Hopfen gab es trotzdem kaum. Wo Hopfen zum Bierbrauen gebraucht wurde, dort baute man ihn auch an. Zum Beispiel auch in Hessen, Mecklenburg oder Sachsen. Im 18.Jahrhundert setzten sich viele Landesfürsten und Gelehrte für den Anbau von Hopfen ein. Sie wollten damit den Wohlstand des Volkes heben und dem Staat
bessere Steuereinnahmen sichern. Einer der wichtigsten Förderer des Hopfens war Friedrich der Große von Preußen.
Aber erst das 19.Jahrhundert brachte die richtigen Voraussetzungen: Verkehrswege wurden erschlossen, neue Verkehrsmittel wie die Eisenbahn gebaut. Die Herstellung und der Verbrauch von Bier nahmen immens zu. Die „Bauernbefreiung“ ermöglichte den Landwirten den selbständigen Gebrauch von Grund und Boden. Nun war die Zeit reif für Hopfenbau und
Hopfenhandel im großen Stil. Die Hallertau, ein Landstrich nördlich von München, wurde um 1900 zum deutschen Hopfenzentrum. Hopfen prägt seither das Leben und Denken der Menschen,
die dort leben. Seit 1966 ist die Hallertau das größte Hopfenanbaugebiet der Welt. Die Grenzen der Hallertau sind
dort, wo kein Hopfen mehr wächst.
Hopfenanbau vor der Mechanisierung
Mitte der 1920er Jahre bedrohte eine Pilzkrankheit den Hopfenanbau: Die „Peronospora“. Seitdem setzen die Hopfenpflanzer Pflanzenschutzgeräte ein. Die ersten Spritzen waren handbetrieben und hatten nur eine geringe Leistung.
Hier zu sehen sind Details einer der ersten Motorspritzen um 1930.
Hopfenanbau erfordert einen enormen Arbeitsaufwand. Lange Zeit wurde das meiste in Handarbeit erledigt. Im Frühjahr zog man mit einer Haue die Erde von den Wurzelstöcken weg. Dann wurde jeder einzelne Stock mit einem einfachen „Hopfen-Messer“ zugeschnitten. Jahrhundertelang verwendete man als Stütze für jede Hopfenrebe jeweils eine Holzstange. Erst um 1900 kamen spezielle Drahtgerüste in Gebrauch. Jede einzelne Rebe muß mit der Hand um die Stange oder um den Draht gewickelt werden. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Seit Hopfen kultiviert wird, haben die Hopfenbauern Probleme mit Schädlingen und Krankheiten. Seit 1926 werden im Hopfenbau Schädlingsbekämpfungs- mittel eingesetzt, die man vom Weinbau her kannte. Die ersten Spritzgeräte waren alle im Handbetrieb.
Handel mit Hopfen
Für den Verkauf, insbesondere für den Versand nach Übersee wird Hopfen in „Ballots“ gepreßt. Hierzu gibt es spezielle „Hopfenpressen.“ Die ersten der tonnenschweren Pressen wurden bereits um 1830 in Nürnberg konstruiert.
Um Herkunft und Qualität des Hopfens zu sichern, wird der getrocknete Hopfen genau gewogen und erhält dann ein Siegel. Seit 1929 bestimmt ein Gesetz, daß nur gesiegelter Hopfen verkauft werden darf. Im letzten Jahrhundert bildete sich eine reiche Hopfenhändlerschaft. Handelszentrum war Nürnberg. Ausschließlich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage bestimmte lange Zeit die jährlichen Preise auf dem Hopfenmarkt. Das eröffnete der Spekulation alle Tore. Spezielle Hopfenmärkte, die versuchten, den Handel mit Hopfen unter öffentliche Regelung zu stellen, hatten keinen Erfolg. Der Hopfenmarkt vor der Mauthalle am Kornmarkt in Nürnberg, um 1910. Nach dem 1. Weltkrieg verlor der Markt in Nürnberg seine Bedeutung.
Staatliche Anbaukontrolle und die Verfolgungen der Nationalsozialisten brachten den von jüdischen Kaufleuten bestimmten Handel in den 1930er Jahren völlig zum Erliegen. Hatte ein Händler seine Ware eingekauft, verschickte er an seine Brauereikunden kleine Hopfen-Muster. Dabei sollte der Hopfen in möglichst günstigem Licht erscheinen. Deshalb verwendeten die Händler ein spezielles blaues Papier zum Einwickeln der Musterpäckchen. Um guten von schlechtem Hopf unterscheiden zu können, standen Händler und Kunden nur ihre fünf Sinne zur Verfügung. Geruch, Farbe, Griffigkeit und das Aussehen der Dolden legten die Qualität fest – und damit auch den Preis.
Die Hopfenzupfer-Galerie
Hopfenzupferzeit – gute alte Zeit? Hier ein paar Bilder aus der Zeit der Handpflücke, alle zwischen 1920 und 1940 aufgenommen.