Poetische Rundfahrt
1952 gab es schon einmal eine Hopfenrundfahrt – veranstaltet vom Bayerischen Brauerbund
Von Christoph Pinzl
Schon viele Male war das Deutsche Hopfenmuseum Ausgangs- und Endpunkt für die traditionelle Hopfenrundfahrt, veranstaltet vom Hopfenpflanzerverband. So auch heuer im Jahr 2024 wieder. Ende August trifft sich dabei in Wolnzach alles was Rang und Namen hat in der Hopfen- und Brauwirtschaft. Und begrüßt nebenbei hochrangige politische Prominenz. Der/die bayerische Landwirtschaftsminister/in ist immer dabei, in manchen Jahren kommt auch der bayerische Minsterpräsident vorbei (oder zumindest sein Stellvertreter), hin und wieder sogar bundespolitische Persönlichkeiten. Man/frau hält Reden, informiert sich über die Marktlage, besucht Hopfenbauern, besichtigt Hopfengärten, gibt den symbolischen Startschuss für die Hopfenernte. Und natürlich wird am Schluss gut gegessen und getrunken. Wenn es sein muss auch bis in die Nacht hinein.
72 Jahre zuvor gab es auch schon einmal eine solche Rundfahrt. Gastgeber war allerdings damals der Bayerische Brauerbund, der in München residiert. In unserem Archiv haben wir ein Fotoalbum entdeckt, das der Brauerbund im Nachgang des Ausfluges zusammenstellen ließ. Die Fotos nahm ein gewisser Hans Gugg auf, dessen Spur vermutlich ins Berchtesgadener Land führt. Von dort stammte nämlich der damalige Präsident des Bayerischen Brauerbundes, Dr. Ernst Röhm. Seines Zeichens Besitzer des Bürgerbräu Bad Reichenhall, den es heute noch gibt.
Zur Seite stand ihm ein Mann namens Franz Triendl. Über dessen Funktion wissen wir heute leider nichts mehr. Auf alle Fälle verfügte Herr Triendl über ein gewisses lyrisches Talent. Er hat nämlich die ins Album geklebten Bilder mit sehr launigen Gedichten unterlegt. So wie man das halt damals gerne gemacht hat. Seine kleinen Texte sind nicht nur nett zu lesen, auch (oder gerade) wenn er manche Reime mit der Beißzange zurechtgebogen hat. Sie strahlen eine Heiterkeit aus, bei der man versucht ist, sie auch den speziellen Zeitumständen zuzuordnen. Man spürt förmlich, wie aus ihnen die gute Laune des beginnenden Wirtschaftswunders Anfang der 1950er hervorquillt. Wie man aufatmet, das tausendjährige Reich endlich hinter sich gelassen zu haben. Wie man sich auf seine kühle Maß freut, für die der Hopfen die Grundlage liefert. Die gab es übrigens ganz frisch vom Hopfengut Höfter, damals der größte Hopfenpflanzer der Hallertau und zu der Zeit noch Brauereibesitzer.
1952 besichtigte man noch keine Hopfenpflückmaschinen. Von denen waren zwar schon erste erstaunliche Nachrichten aus England und den USA in die deutschen Hopfengebiete gedrungen. Aber mehr nicht. In der Hallertau schaute man noch ganz althergebracht den Hopfenzupferinnen bei der Arbeit zu. Ausschließlich Zupferinnen, was auffällt und vermutlich wieder zeittypisch damit zu tun hat, dass die Männer bereits gute Arbeit in Wirtschaftswunderdeutschland gefunden und keine Lust mehr auf Hopfenzupfen hatten. Oder aber vielleicht noch in Kriegsgefangenschaft ausharren mussten. Wer weiß. Kinder waren auch unter den Erntehelfern, so kennt man das. Abgemessen wurde wie üblich im Metzen, einem geeichten 60-Liter-Eimer, für dessen Füllung jeweils ein Metzenzeichen bezahlt wurde, das frau am Schluss in bares Geld umtauschen konnte. Abfahrt zur Rundfahrt war in München bei Autobus Oberbayern, noch mitten in der Stadt am Lenbachplatz, nicht weit vom Bayerischen Brauerbund. Ein Reiseziel war das Hopfengut Hüll, damals noch Teil des dortigen Hopfenforschungsinstitutes. Ein anderes die Kreisstadt Pfaffenhofen a.d. Ilm, deren Hauptplatz noch bemerkenswert anders aussah als heute. Besonderen Wert legte man auch damals schon auf ein möglichst großes Presseecho, damals unter anderem vertreten durch den Bayerischen Rundfunk.
Profis in ihrem Metier dürften weder Fotograf Gugg noch Texter Triendl gewesen sein. Und auch sonst würde vermutlich manches damalige Bonmot bei der heutigen Inhaltskontrolle Schwierigkeiten kriegen. Umso zeittypischer das Dokument aus heutiger Sicht. Wert, es hier in Ausschnitten vorzustellen.
„Hier in München ist der Start für die heut´ge Hopfenfahrt. Ohne jeden Zwischenfall geht es über Berg und Tal. Kaum verlassen Münchens Wände, steht man mitten im Gelände. Hier, man sieht´s den Männer an, spielt man etwas „Lageplan“.
„Gäste lassen auf sich warten, bis man endlich dann kann starten.“
„Hier besieht mit Kennerblick jeder Fachmann Stück für Stück.“
„Hier im Hopfengarten drin sieht man manche Dolde blühn.“
„Hopfenpflücken kostet Schweiß ! Drum wohl auch der Hohe Preis!“
„Kreszenz, ja einst warst du schön! Wie die Jahre doch vergehn! Sinnend schweift ihr Blick zurück nach der Jugend, nach dem Glück.“
„Sammelpunkt für jedermann ist das Brauereigespann. Wer die Arbeit gut gemacht, dem sei frischer Trunk gebracht.“
„Dieser Kleine will den Herren fachgemässes Pflücken lehren.“
„Nein, nicht nur bei Hopfendolden, sondern auch bei manchen Holden bleibt gern stehn der Fotomann. Was man wohl begreifen kann. Wo ist`s her die „Zupferin“ ? – Sie ist „Datschiburgerin“! (Augsburgerin)
„Strenge Herren geben acht, dass kein Schwindel wird gemacht.“
„Wo der Rundfunk ist dabei, gibt es Interviewerei. Firnholzer sagt: „Bitte schön, sprechens jetzt, Herr Doktor Röhm!“